Im Jahr 2015 hatten wir eine Idee, die zunächst unmöglich erschien. Um die Zukunft unseres
Musikvereins auch weit über das bald anstehende 100- jährige Jubiläum zu sichern, haben wir uns entschieden, ein eigenes Vereinsheim mit ausreichend großem Proberaum zu errichten.
Für ein solches Vorhaben benötigt man jedoch so Einiges:
1.) Mut.
2.) Einen Vorstand, der ein solches Projekt mit einem Gesamtvolumen von mehr als 500.000
Euro gemeinsam mitträgt.
3.) Einen starken Schirmherrn, der sich voll mit dem Projekt identifiziert und öffentlich für dessen
Unterstützung wirbt.
4.) Eine Immobilie bzw. ein Grundstück (bei aktuellen Immobilien und Grundstückspreisen
schier unrealistisch).
5.) Einen Bauausschuss, der sich über Monate und Jahre hinweg regelmäßig bespricht und die
nächsten wichtigen Schritte festlegt.
6.) Einen Planer, der sich auf ein solches Projekt einlässt.
7.) Mitglieder, die bereit sind, mitzuarbeiten und für ein solches Jahrhundertprojekt zu spenden.
8.) Zuwendungen von öffentlicher Hand und weiteren Institutionen.
9.) Einen starken Kooperationspartner.
10.) Ein Kreditinstitut, dass die Vereine seiner Region nicht nur mit guten Worten unterstützt.
Bei Betrachtung dieser zehn wesentlichen Punkte fällt auf, dass jeder Punkt für sich genommen eine Bedingung darstellt, deren Nicht-Erfüllung ein solches Projekt zum Scheitern brächte. Also: Eigentlich ein unmögliches Projekt.
Dennoch haben wir es gewagt und den notwendigen Mut aufgebracht, ein solches Jahrhundertprojekt anzugehen. So konnten wir die vorgenannten Bedingungen erfüllen.
Schnell einigten wir uns im Vorstand darauf, dass das dezentrale Proben des Großen Orchesters und Monday Music im ehemaligen Darmstädter Hof und der Jugend im Bürgerhaus keine Zukunft hat. Zudem verschlechterten sich auch die Probebedingungen im ehemaligen Darmstädter Hof zunehmend. So lag der Fokus nun auf der Realisierung dieses Jahrhundertprojektes.
Mit keinem geringeren als dem Vizepräsidenten des Hessischen Landtags, unserem langjährigen Vereinsmitglied Frank Lortz, war sofort ein würdiger Schirmherr für dieses bedeutsame Unterfangen gefunden.
Die Suche nach einer Immobilie bzw. einem Grundstück gestaltete sich dagegen schwierig.
Viele Gespräche mit der Stadt Rodgau, anderen Vereinen und der katholischen Pfarrgemeinde Weiskirchen führten zu keiner realisierbaren Lösung. Und so war es mehr oder weniger Zufall, dass sich unser Vorstandsmitglied Hermann Löw auf einer privaten Feier mit dem Vorsitzenden der SG Hainhausen über den Flächenbedarf des Musikvereins unterhielt. Aus dieser losen Unterhaltung entwickelten sich hervorragende Gespräche zwischen den Vorständen beider Vereine, aus denen schließlich der Verkauf eines ausreichend großen Grundstücks resultierte.
Nachdem ein potentieller Baugrund gefunden war, musste ein Bauausschuss gebildet werden.
Hierfür fanden sich die Vorstandsmitglieder Hans Schubert, Hermann Löw, Max Breitenbach, Florian Wilhelm, Dieter Prochaska, Ralf Wink und Sebastian Wilhelm. Der Bauausschuss wurde ergänzt von Joachim Massoth. Bis zum Ende des Bauprojekts fanden weit über 50 Bauausschussbesprechungen statt. Der Bauausschuss unterrichtete regelmäßig den Vorstand über die aktuellen Sachstände.
Als Planer war Dipl.-Ing. Sven Loferer, ebenfalls Mitglied unseres Musikvereins, umgehend im Boot und brachte seine Ideen und unsere Wünsche sowohl in der Entwurfs- als auch in der Genehmigungsplanung zu Papier. Selbstverständlich übernahm er die Bauleitung unseres Jahrhundertprojekts.
Unsere Mitglieder stimmten diesem Jahrhundertprojekt in der Jahreshauptversammlung vom 8. März 2019 einstimmig zu und unterstützten es mit einer zuvor unvorstellbaren Spendenbereitschaft.
Über 190.000 Euro wurden alleine von den Mitgliedern des Musikvereins Weiskirchen für unser Jahrhundertprojekt gespendet. An dieser Stelle gilt allen Spendern ausdrücklich ein herzlicher Dank.
Die Zuwendungen von öffentlicher Hand gestalteten sich zunächst schwierig. Während der Kreis Offenbach 10% der Baukosten bezuschusst, unterstützt die Stadt Rodgau Bauvorhaben gemeinnütziger Vereine grundsätzlich mit 40% der Baukosten und stellt dafür pro Jahr maximal 200.000 Euro zur Verfügung. So weit so gut. Nach vielen offenen und guten Gesprächen mit den hauptamtlichen Magistratsmitgliedern reichten im Jahr 2019 außer unserem Musikverein zwei Rodgauer Großvereine Investitionsförderungsanträge bei der Stadt Rodgau ein. Dies hatte leider zur Folge, dass der auf unseren Musikverein entfallende Anteil viel zu gering für die Realisierung des Projektes gewesen wäre. So mussten wir notgedrungen unseren Förderantrag zurückziehen und im nächsten Jahr erneut stellen – Verzögerung des Projektes um ein Jahr inklusive. Anfang 2020 reichten wir erneut fristgerecht unseren Investitionsförderungsantrag bei der Stadt Rodgau ein – verbunden mit der Ungewissheit, ob nicht doch wieder andere (größere) Vereine Baumaßnahmen planten und uns in Bezug auf die städtische Förderung „in die Quere kommen“ könnten. Nicht zuletzt dem Einsatz des Bürgermeisters Jürgen Hoffmann ist es zu verdanken, dass wir bald den Förderbescheid mit über 188.000 Euro in den Händen halten konnten.
Viele Stiftungen, Kreditinstitute und Körperschaften wurden angeschrieben, rund 100 an der Zahl. Ebenso viele Telefonate geführt. Im Ergebnis unterstützen folgende Stiftungen und Kreditinstitute das MVW-Jahrhundertprojekt mit rund 30.000 Euro:
Die Sparkasse Langen-Seligenstadt, die Frankfurter Volksbank, die Sparda Bank Hessen, die Dr.-Bodo-Sponholz-Stiftung, die Swisslife-Stiftung für Chancengleichheit, Merck und die Karl und Ruth Mayer Stiftung. Auch ihnen sei an dieser Stelle von Herzen gedankt.
Unserem Musikverein fehlte jetzt auch noch ein Partner, der bereit ist, ein solches Projekt über mehrere Jahre zu unterstützen und eine Kooperation mit dem Musikverein zu vereinbaren. Dieser Partner war mit den Stadtwerken Rodgau schnell gefunden. Der Betriebsleiter der Stadtwerke Rodgau, Markus Ebel-Waldmann, war nach der Vorstellung des Jahrhundertprojekts direkt angetan und so kam es, dass der Musikverein und die Stadtwerke für die nächsten Jahre eine Kooperation vereinbarten, die unter anderem auch die Namensrechte unserer Tonhalle beinhaltet. Daher lautet der Name unseres Jahrhundertprojektes „Rodaustrom-Tonhalle“.
Die Sparkasse Langen-Seligenstadt leistet seit Jahren in allen Bereichen viel für die Menschen und die Vereine in ihrer Region. So freuen wir uns nicht nur sehr über die bisherige finanzielle Unterstützung der Sparkasse Langen- Seligenstadt, sondern auch darüber, dass sie uns als Finanzierungspartner für unser Jahrhundertprojekt zur Seite steht.
Im Spätsommer wurde das Baufeld geräumt. Zwei auf unserem Grundstück befindliche Garagen mussten versetzt werden. Die für die Versetzung notwendigen Fundamentarbeiten dienten sozusagen als Generalprobe für den unmittelbar bevorstehenden Baubeginn.
Mit großer Freude erwarteten wir den 31. Oktober 2020, den Tag des offiziellen Spatenstichs. Es war für unseren Musikverein Weiskirchen zweifellos ein historischer Tag. Eigentlich wollten wir den Spatenstich für unser Jahrhundertprojekt würdig und angemessen feiern. Viele Mitglieder, Freunde, Unterstützer und Ehrengäste hatten Ihre Teilnahme an dieser besonderen Veranstaltung zugesagt. Schließlich wäre es eine der bedeutsamsten Veranstaltungen in unserer 100-jährigen Vereinsgeschichte gewesen. Leider machte uns die Pandemie einen gewaltigen Strich durch die Rechnung. Aufgrund steigender Corona-Infektionszahlen und der Anordnung strenger Kontaktbeschränkungen und mussten wir die Teilnehmer des Spatenstichs leider kurzfristig ausladen.
So fand lediglich ein symbolischer Spatenstich mit unserem Schirmherrn, Vertretern des Bundes, des Kreises, der Stadt Rodgau und unseres Kooperationspartners, der Stadtwerke Rodgau, statt. Aufgrund der geltenden Allgemeinverfügung und um die Abstände einzuhalten, wurden zwei Bilder vom symbolischen Spatenstich geschossen. Teilnehmer waren: Bundestagsabgeordnete Patricia Lips, Schirmherr und Landtagsvizepräsident Frank Lortz, Landrat Oliver Quilling, Stadtverordnetenvorsteherin Anette Schweikart-Paul, Bürgermeister Jürgen Hoffmann, Stadtwerke Rodgau Betriebsleiter Markus Ebel-Waldmann, MVW-Vorsitzender Sebastian Wilhelm und Dipl.- Ing. Sven Loferer.
Nach der Nivellierung des Baufeldes gruben viele fleißige Mitglieder mit Bagger und Schaufel die Fundamentgräben und verlegten Kanal- und Entwässerungsrohre. Nun, da die Erdarbeiten in hervorragender Eigenleistung durch die Vereinshelfer erledigt waren, konnte die Firma Alboth Bauunternehmung aus Weiskirchen mit den Betonarbeiten starten.
Man könnte meinen, dass sich unsere Mitglieder nach den anstrengenden Erdarbeiten nun etwas ausruhten – weit gefehlt! Während die Betonmischer anrollten, widmeten sich sechs fleißige Mitglieder gemeinsam mit dem Chef der Weiskircher Firma Peter Zilch Zimmerer- und Holzarbeiten GmbH dem Bau der Holzständerwände.
Innerhalb von nur vier Tagen hat es die Truppe geschafft, sämtliche tragenden Wände fertigzustellen.
Dabei waren sie fast doppelt so schnell als geplant –eine großartige – eine großartige Leistung. So konnten bereits Anfang Dezember 2020 die vormontierten Wände errichtet werden.
Besonders bemerkenswert ist hier die „Zähigkeit“ des Zimmermann-Meisters Peter Zilch, der es sich zum Ziel gesetzt hatte, den Rohbau bis Heiligabend fertigzustellen. Auch eine heftige Mandelentzündung konnte ihn davon nicht abhalten. Und so war es dann tatsächlich kurz vor Heiligabend soweit; das Dach war gedeckt und der Richtbaum gestellt. Pandemiebedingt musste leider auch das vorgesehene Richtfest ausfallen.
Die Zeit vor Heiligabend und „zwischen den Jahren“ nutzten unsere fleißigen Mitglieder dann dafür, die Fenster mit Holz und Planen zu verschließen. Auch eine Bautreppe wurde kurzerhand in Eigenleistung eingezogen.
Es folgte der Jahreswechsel und das 100-jährige Jubiläumsjahr begann mit dem Innenausbau in Eigenleistung. So dämmten die Mitglieder die Decke des großen Probesaals und im Erdgeschoss. Auch die ersten Ständerwände wurden eingezogen.
Architektonisch hat der Bau so manches „Schmankerl“ vorzuweisen. So sind nicht nur die großen Fensterflächen ein Hingucker – nein, ebenso fällt die rundgebogene Wand im Flur des Erdgeschosses sofort ins Auge. Auch diese wurde selbstverständlich in Eigenleistung errichtet.
Neben der Heizungs- und Sanitärinstallation sowie dem Einbau der Sanitäreinrichtung wurden von unseren Vereinsmitgliedern nach Feierabend und an den Wochenenden alle Rohre und Leitungen verlegt. Ferner wurden die Elektroarbeiten in Eigenleistung erledigt. Hier war unser ehemaliger Vorsitzender Joachim Massoth (nicht zu verwechseln mit seinem Bruder Herbert) unser Fachmann.
Am 30. Januar 2021 konnte er, nachdem mehrere Kilometer Kabel verlegt waren, dann auch damit beginnen, die ersten Steckdosen zu installieren.
Zu Beginn des Jubiläumsjahres konnten dann auch die Trockenbauarbeiten begonnen werden. Nachdem die Fenster Mitte März gesetzt wurden, konnten wir Anfang April die letzte Gipskartonplatte anbringen.
Zwischenzeitlich wurde die Bautreppe gegen eine moderne Stahltreppe von der Weiskicher Schlosserei Torsten Klar ersetzt. Ein absoluter Hingucker im Eingangsbereich. Die Estricharbeiten der Firma Stobbe aus Münster folgten auf zwei Etappen. Zunächst wurde im April der Anhydritestrich im Obergeschoss gegossen. Der Zementestrich im Erdgeschoss folgte Anfang Mai, nachdem die Eingangstür eingebaut und die Spachtel- und Schleifarbeiten abgeschlossen waren.
Mitte Mai konnten die Fassadenarbeiten beendet werden. Ende Mai wurde der Namensschriftzug unserer Rodaustrom-Tonhalle von der Weiskircher Firma Werbetechnik Hügel auf der Fassadenfront aufgetragen. Währenddessen bog der Innenausbau auf die Zielgerade ein. Hier begann die Firma ARTA Jäger aus Obertshausen, die auch die Arbeiten an der Außenfassade übernommen hatten, mit den Tapezier- und Malerarbeiten in allen Räumen, bis auf die Lagerräume.
Diese wurden freilich in Eigenleistung tapeziert und geweißt. Im Juni und Juli folgten die Fliesen im Foyer und WC-Bereich, die vom Weiskircher Meisterbetrieb Curman verlegt wurden. Der große Proberaum im Obergeschoss und die Einzelunterrichtsräume im Erdgeschoss erhielten einen Parkettfußboden aus Eichenholz. Diese Arbeiten wurden vom Mühlheimer Fachbetrieb Parkett-Herd ausgeführt.
Parallel widmeten sich unsere fleißigen Helfer den Pflasterarbeiten und der Außenanlage unserer Tonhalle. Abschließend folgten der Einbau der Türen sowie die Installation der Sanitärobjekte und der Heizkörper – ebenfalls durch unsere fleißigen und fachkundigen Vereinsmitglieder.
Am 28. August 2021 durften wir dann die Fertigstellung unseres Jahrhundertprojektes und die offizielle Eröffnung der Rodaustrom-Tonhalle feiern.
Sie sehen: Wir haben es geschafft, das (eigentlich) Unmögliche möglich zu machen.
Ein besonderer Dank gilt allen, die sich in verschiedenster Form bei unserem Jahrhundertprojekt eingebracht haben. So danken wir besonders dem Vizepräsidenten des Hessischen Landtags, Frank Lortz, unserem Vereinsmitglied, für die Übernahme der Schirmherrschaft beim bedeutendsten Projekt in der 100-jährigen Vereinsgeschichte. Außerdem danken wir der Stadt Rodgau und dem Kreis Offenbach für die Gewährung der Fördermittel sowie den Stadtwerken Rodgau für die eingegangene Kooperation. Selbstverständlich danken wir auch den beauftragten Firmen für die zügige und reibungslose Erledigung der Arbeiten, aber auch unserem Planer, dem Dipl.-Ing. Sven Loferer, der nicht nur unsere Wünsche und Vorstellungen aufs Papier gebracht, sondern auch die Bauleitung übernommen hat.
Außerdem danken wir allen Mitgliedern, Freunden, Firmen, Kreditinstituten, Stiftungen und Gönnern, die durch ihre außerordentliche Spendenbereitschaft die Verwirklichung unseres Jahrhundertprojekts ermöglicht haben.
Und wir danken im besonderen Maße allen freiwilligen Helfern, die tatsächlich bei fast jedem Gewerk Hand angelegt haben und das Gebäude dadurch zu unserer Tonhalle machten. Bis zur Fertigstellung erbrachten die Helfer über 6.000 (!) Arbeitsstunden Eigenleistungen.
Ein Werk, das nicht viele andere zu Stande gebracht hätten.
Sebastian Wilhelm (Vorsitzender) im August 2021